Dieses Porträt der berühmten Old Bushmills Distillery erschien zuerst auf spirit-ambassador.de und taucht ein in die Kultur und Geschichte einer Brennerei, die tief in der irischen Seele verankert ist, denn die Geschichte von Old Bushmills ist irgendwie auch die Geschichte des irischen Whiskeys. Die durchschnittliche Lesezeit beträgt 6 Minuten.
Es gibt nicht viele Destillerien, welche auf eine mehr als 400-jährige Geschichte zurückschauen können. Weit im Norden Irlands, knapp 100 Meilen nördlich von Belfast und wenige Augenblicke von der Küste entfernt steht die vielleicht bekannteste Brennerei der grünen Insel – die Old Bushmills Distillery. Sie blickt auf eine wechselhafte Geschichte, deren einzelne Versatzstücke sich jedoch zumeist zum Guten wendeten. Begeben wir uns auf eine Zeitreise durch irischen Whisky, globale Trinkleidenschaften das gottgegebene Vertrauen der Iren auf – nun, auf dass es weiter gehen wird.
Gründungsmythen und eine lange Reise
Kaum eine Brennerei dieser Welt kann auf eine solch lange Geschichte verweisen wie die Old Bushmills Destillerie, die ihren Ursprung im Jahre 1608 findet. Doch dies ist nur ein Teil der Wahrheit, schließlich gibt es die Marke erst seit 1784, doch in der Region ist aqua vitae schon spätestens seit 1276 bekannt. Es erscheint also ein bisschen komplizierter mit der Geschichte dieser Brennerei. Doch alles der Reihe nach.
Besiedelt wurden die Gebiete entlang des Flusses Bush schon früher. So gab es schon Mitte des 12. Jahrhunderts dort die normannische Siedlung Portcaman und die Burg Dunluce Castle. Die geografische Küstennähe und die Energie des Flusses machten die Region zu einem wichtigen Siedlungsgebiet. Schon im Mittelalter gab es an den Ufern des Bush mehr als 10 Mühlen und in der gesamten Region wohl sogar fünf Brennereien, womit auch die Herstellung von höherwertigen Alkoholen gegeben war.
Eine der ersten Dokumentation über die Herstellung, oder zumindest den Konsum von aqua vitae vor Ort datiert auf das Jahr 1276, als ein gewisser Sir Robert Savage of Ards seinen Truppen einen kleinsten Tropfen dieser geistigen Errungenschaft gab, bevor es in die Schlacht gegen die Feinde der damaligen (irischen) Region Ulster ging. Jedoch ist wohl davon auszugehen, dass es sich hierbei um Destillate handelte, die nicht vor Ort und wahrscheinlich nicht einmal auf Basis von Getreide hergestellt wurden.
Old Bushmills ist die Geschichte irischen Whiskeys
Es sollten noch viel Zeit in das Land gehen, bis hin zum bedeutenden Jahr 1608. König James I., gebürtiger König von Schottland und ab 1603 auch König Englands und Irlands erließ dem Landeseigner Thomas Phillips, welcher zeitgleich auch Gouverneur des County Antrim war, am 20. April dieses Jahrs eine Lizenz zum Destillieren von aqua vitae, usgebetha sowie aqua composita. Und zwar in den Mengen, wie es Phillips bräuchte. Dabei handelte es sich schlussendlich um einen Freibrief zur Herstellung hochprozentigen Alkohols, wie es ihn in der Geschichte höchst selten gab. Diese Lizenz galt vornehmlich für den Zeitraum von sieben Jahren. Dies gilt gemeinhin als die Geburtsstunde von Bushmills. Aber man muss dabei berücksichtigen, dass diese Lizenz nicht konkret für eine Siedlung galt, sondern für die gesamte Region Coleraine, zu der später der Ort Bushmills gehören soll.
Durch das Zusammenwirken der Lizenz und der vormaligen Mühlen und illegalen Brennereien entstand im Laufe der Zeit eine zwar kleine, jedoch ansehnliche Ortschaft, die sich den Namen Bushmills gab, jedoch erst Anfang des 17. Jahrhunderts dokumentierbar ist – die erste Erwähnung lässt sich im Jahre 1624 finden. So gab es erst die Lizenz und später ist um diese herum die Ortschaft entstanden, welche heute Namensgeber des berühmten irischen Whiskeys ist. Erst 1784 wird der Name Old Bushmills durch Hugh Anderson als Handelsmarke registriert und die Brennerei offiziell eröffnet, denn zwischendurch war das Destillieren verboten und die Lizenz des alten Königs schon lange abgelaufen. Was 1608 seinen Grundstein fand, vollendete sich also nun 176 Jahre später und es begann eine aufregende und wechselvolle Geschichte um die Pot Stills dieser Brennerei an der nordirischen Küste.
Eine irische Besonderheit
Gerstenmalz, der Grundstoff für die Whiskeys von Bushmills macht diese Destillate so besonders. Arbeiten viele irische Destillerien mit einem Getreidegemisch aus Gerstenmalz und ungemälzten anderen Getreidesorten, so verarbeitete man hier im nördlichen Irland ausschließlich jenen Grundstoff, der eigentlich für schottische Whiskys so bedeutend ist. Damit stellt Bushmills eine Art Bindeglied zwischen irischen und schottischen Whiskys dar. Dieses Gerstenmalz jedenfalls wurde in den 1850er Jahren durch die Regierung extrem besteuert und brachte viele Brennereien dazu, ihre Rezeptur zu ändern. Bushmills blieb bei der gewohnten Basis, auch wenn dies eine deutliche Verteuerung bedeutete, einfach nur um seinem Stil treu zu bleiben – ein Schritt, von dem die Brennerei bis heute lebt.
Der Weg zum Erfolg – über irischen Starrsinn. Mal wieder.
Viele Jahre in dieser Zeit bleiben undokumentiert und man kann nur erahnen, wie schwer es unter diesen Umständen gewesen sein muss, erfolgreich oder zumindest überlebend zu wirtschaften. Aber es muss doch ein erfolgsversprechendes Unternehmen gewesen sein, denn 1860 kauften James McColga und Patrick Corrigan die Destillerie und wandelten sie in eine Ltd. um. Eine Investition, welch kurze Zeit später – 1885 – auf eine harte Probe gestellt wurde, denn ein Feuer zerstörte die Brennerei und damit die gesamte Grundlage. Zügig jedoch wurde die Anlage wieder aufgebaut und produziert seitdem gut dokumentiert und vor allem durchgängig feinsten dreifach destillierten irischen Whiskey.
Der Wiederaufbau war geprägt von Höhen und Tiefen, aber vor allem von weitsichtigen Investitionen. Man kaufte 1890 ein Dampfschiff, welches vor allem die Märkte jenseits des Atlantiks direkt von der Destillerie aus beliefern sollte, da man den Direktvertrieb als den eigenen Weg erkannte. Das Steamship Bushmills lief jedoch nicht nur Philadelphia und New York in den USA an, sondern auch Singapur, Shanghai oder Yokohama – irischer Whisky, vor allem jedoch Bushmills verkaufte sich. Aus der Asche der verbrannten alten Brennerei stieg man auf und genoss die goldenen Zeiten, in denen der leichte Whiskey auf der ganzen Welt genossen wurde. Eine goldene Medaille auf der 1898 in Paris stattfindenden Weltausstellung ist nur eines der vielen Zeugnisse für den Erfolg von Old Bushmills. Sogar in einem der berühmtesten Romane aller Zeiten findet das Destillat von der irischen Küste Erwähnung, was seiner Bekanntheit unter Garantie keinen Abbruch tat – James Joyce beschreibt Bushmills in seinem Monumentalwerk Ulysses als goldenen Nektar.
Der Blick in die Ferne
Doch auch goldene Zeiten habe ein Ende – für irischen Whiskey war das der Beginn der amerikanischen Prohibition, sowie der beginnende Kampf um die irische Unabhängigkeit. Nicht nur der heimische Markt wurde wild durcheinander gebombt, die sicheren Absätze in den USA waren von einem Tag auf den Nächsten verschwunden und so stand man 1921 kurz vor der Liquidierung der altehrwürdigen Destillerie. Dass es anders kam, verdankt man dem Engagement des Händlers Samuel Boyd, welcher 1923 die Brennerei erwarb und entweder hellsehen konnte oder total verrückt war – oder einfach nur ein goldenes Händchen bewies. Jener Samuel Boyd beharrte weit vor 1933 auf das Ende des noblen Experiments der amerikanischen Abstinenzler-Bewegung und arbeitete auf den Tag hin, an dem die erste Ladung Old Bushmills wieder in die USA geliefert werden würde.
Durch diesen Wagemut baute er einen großen Stock älterer und wertvoller Whiskeys auf, welche er alsbald nach dem Ende der Prohibition 1933 in die USA verkaufte und alle Skeptiker abstrafte. Jedoch war Old Bushmills der einzige irische Whiskey, der so agierte. Binnen dreier Jahre wurde das Geschäft soweit ausgebaut, dass man die umliegenden kleineren Brennereien von Coleraine und Killowen kaufte. Doch nur wenige Jahre später bricht in Europa der zweite Weltkrieg aus und die Gebäude wurden zum Teil als Stützpunkt für alliierte Truppen genutzt. Jedoch sind amerikanische Truppen in einer irischen Whiskey-Destillerie nicht das schlechteste Marketing-Instrument für die Zeit nach dem Krieg und so stieg der Export in den 1950er Jahren immer weiter an.
Auch hier stellt Bushmills eine Sonderrolle dar, war doch vor allem der große Konkurrent aus Schottland, der leichtere Blended Scotch Whisky das Produkt, welches den Zeitgeist viel mehr entsprach als die Pot Still Destillate aus Irland. Zur damaligen Zeit gehörte die Brennerei schon dem Textil-Magnaten Isaac Wolfson, der jedoch im Hintergrund agierte, während die Boyd-Familie weiterhin für das Tagesgeschäft zuständig war.
Es wird weitergehen
Unabhängigkeitskriege, Prohibition, Weltkriege und die große Wirtschaftskrise – nur wenige große Brennereien überstanden diese harten Zeiten und so lichtete sich im 20. Jahrhundert die irische Whiskeylandschaft zusehends. Ein notwendiger Schritt war die Gründung von Irish Distillers, einer Interessengemeinschaft, unter deren Dach fast alle verbliebenen – vier – irischen Brennereien agierten. Auch Old Bushmills gehörte ab 1972 dazu. Vieles wurde versucht und der Verkauf der Gruppe an Pernod Ricard im Jahre 1988 war sicherlich ein wichtiger Schritt hin zu einer globalen Vermarktung. Doch erst der Renaissance der irischen Whiskey-Kultur in den letzten Jahren ist es zu verdanken, dass Bushmills wieder zu blühen begann. Für sagenhafte 200 Mio. Pfund Sterling erwarb 2005 DIAGEO die Brennerei, um mit viel Energie den Weg in die Zukunft zu beschreiten, bis im Zuge eines Austausches 2014 die Casa Cuervo das Zepter am River Bush übernahm. Produziert werden nunmehr verschiedene Abfüllungen, welche sich jedoch grob aufteilen lassen in einen reinen Malt Whiskey, welcher ausschließlich vor Ort destilliert wird und einen Blend. Das Mischen von Malt-Whiskey und Grain-Whiskey praktiziert man seit 1964, als die Charington-Gruppe Bushmills innehatte. Den Brand aus Grain bezieht man aus der großen Midleton Distillery im Herzen Irlands. Und nunmehr zählt Bushmills wieder zu einem der bedeutendsten liquiden Exporte (Nord-)Irlands und erweitert schrittweise sein Portfolio.
Was vor nunmehr über 400 Jahren seinen Anfang nahm und viele bewegte Zeiten hinter sich hat, scheint nun auf etwas ruhigere, aber vor allem sichere Zeiten zuzusteuern. Ein Grund mehr, warum Old Bushmills noch viele Jahre fantastischen Whiskey produzieren wird.